Aktualisierung des Expertenstandards Kontinenzförderung

28.09.2023
Vanya Nicole Klauß

Der Expertenstandard zum Thema Kontinenzförderung wurde aktualisiert und ist seit dem 25.9.2023 in der sogenannten Konsultationsphase.

Der Entwurf ist online einsehbar und jeder kann seine Meinung dazu schriftlich äußern. Die Fachöffentlichkeit wird in den nächsten Wochen von den Experten konsultiert, also zu Rate gezogen.

Einzusehen ist der Entwurf bis einschließlich 19.11.2023 hier: https://www.dnqp.de/konsultation/


Was wurde aktualisiert?

Ich muss sagen, ich konnte dem Standard bisher nicht viel abgewinnen, auch wenn das Thema sicherlich in der Pflege eine Rolle spielt, aber irgendwie erschien mir das Ganze doch recht wenig ergiebig. Außerdem ging es nur um das Thema der Harnkontinenz, was vielen Teilnehmern unserer Seminare nicht plausibel erschien.

Das wurde nun geändert. Das Thema Stuhlkontinenz wurde im Expertenstandard ergänzt. Das bedeutet, dass neben der Einschätzung des Harnkontinenzprofils tagsüber und nachts nun auch das Stuhlkontinenzprofil tagsüber und nachts ermittelt werden und ein entsprechender Handlungsbedarf in Form einer Maßnahmenplanung abgeleitet werden muss. Im Grunde wurde das sowieso bereits gemacht, allerdings nicht in der systematischen Weise, wie es nun gefordert wird.

Zur Festlegung des Kontinenzprofils werden drei Punkte hervorgehoben, die bewertet werden müssen:

  1. Sind unwillkürliche Harn-/Stuhlverluste aufgetreten oder nicht? Diese Frage klärt, ob sich das Profil im Bereich Kontinenz oder Inkontinenz befindet.
  2. Führt die Person Maßnahmen zum Kontinenzerhalt (erreichte Kontinenz) oder zur Kompensation der Inkontinenz (kompensierte Inkontinenz) durch?
  3. Ist die Person dabei unabhängig, also tut sie es selbst oder abhängig von anderen Personen, also auf Hilfe angewiesen oder nicht?

Es wird empfohlen das Verhalten der Person für 14 Tage zu beobachten, bevor ein endgültiges Profil festgelegt wird. Im Falle einer unterschiedlichen Tag-/Nachtsituation wird ein Profil für den Tag und eines für die Nacht erhoben.


Einschätzung der Situation

Natürlich wurde auch hier wie in allen Expertenstandards inzwischen, ein zweistufiges Vorgehen zur Einschätzung der Situation vorgenommen. Die Ersterhebung beruht auf Initialfragen und Nachfragen – jeweils für Harn- und für Stuhlinkontinenz. Die Wiederholung der Einschätzung ist individuell festzulegen. Hier wird keine Vorgabe gemacht. Grundsätzlich gilt, dass Veränderungen der körperlichen und psychischen Gesundheit und Veränderungen im sozialen Wohnumfeld die Kontinenzsituation beeinträchtigen können und in diesen Fällen eine Überprüfung der Einschätzung Sinn macht.

Bei der vertieften Einschätzung ist ein Blick auf die Risikofaktoren zu werfen, Trink- und Ernährungsgewohnheiten sowie Medikamenteneinnahmen und funktionelle Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Auch Hinweise auf Operationen an der Blase oder dem Darm können wichtig sein. Im Bereich der Berufs- und Sozialanamnese sind körperliche Belastungen wie z. B. Heben/Tragen schwerer Gewichte zu berücksichtigen, deren Resultat eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur sein kann. Weitere spezifische Aspekte wie Hinweise auf Harnwegsinfekte, Blasenverweilkatheter, Schließfähigkeit des Anus, Hinweise auf Infekte usw. müssen individuell berücksichtigt werden. Auch psychosoziale Aspekte werden für die vertiefte Einschätzung aufgeführt (Hygienepräferenz, Schamerleben, Auswirkungen auf den Alltag, finanzielle Belastung, Erfahrung mit Inkontinenzereignissen in der Öffentlichkeit).

Und natürlich darf der Kontinenzexperte nicht fehlen … kein Scherz. Kontinenzmanagement ist nach Meinung der Experten so komplex, dass es notwendig sein kann eine besondere pflegefachliche Expertise einzuholen. Natürlich ist es Aufgabe der Einrichtung, diese Expertise intern oder extern durch spezialisierte Pflegefachkräfte sicherzustellen.

Kontinenzförderung und Kontinenzförderungsexpertise

Maßnahmen und Beratung

Im weiteren Verlauf des Expertenstandards werden Maßnahmen bei Harn- und Stuhlinkontinenz abgehandelt und beschrieben, deren Planung und Steuerung in den Kompetenzbereich der Pflegefachkraft fällt. Die Einrichtung muss grundsätzlich Zuständigkeiten und Vorgehensweisen im Zusammenhang mit der Förderung der Kontinenz bzw. Kompensation der Inkontinenz regeln und dazu eine Verfahrensregelung ausarbeiten, die den Mitarbeitern dann zur Orientierung und als Verbindlichkeit zur Verfügung steht. Auch das ist nicht neu, aber der Punkt wurde deutlich umfangreicher ausformuliert als in der Vorgängerversion. Auch das ist ein Trend der Expertenstandards, dass Vorgaben zu Inhalten der Verfahrensregelungen gemacht werden.  

Auch auf die Beratungskompetenz der Fachkräfte hinsichtlich fördernder und kompensierender Maßnahmen wird eingegangen (Schulung, Beratung, Information) und darauf, dass Maßnahmen stets mit der pflegebedürftigen Person abzustimmen sind. Im Ergebniskriterium steht „Der schriftliche Maßnahmenplan ist dem Menschen mit Kontinenzproblemen bekannt. Die geplanten Maßnahmen sind realistisch und berücksichtigen die Bedürfnisse und den Willen des betroffenen Menschen sowie das angestrebte Kontinenzprofil.“ Dieser Absatz könnte enormen Aufwand nach sich ziehen, wenn man möglicherweise nachweisen muss, dass dem Menschen mit Kontinenzproblemen der Maßnahmenplan bekannt ist … Sollte er so stehen bleiben, muss man das in der Verfahrensanweisung clever verpacken.

Die Beratung muss Maßnahmen und Hilfsmittel beinhalten, die in der Aktualisierung sehr viel ausführlicher beschrieben sind als zuvor.


Zusammengefasst …

Insgesamt sind alle Standardkriterien um den Bereich der Stuhlinkontinenz erweitert worden, was bedeutet, dass die internen Verfahrensregelungen in den Einrichtungen nach Veröffentlichung des Expertenstandards überarbeitet und angepasst werden müssen.

Darauf können wir uns im kommenden Jahr 2024 also freuen.

Pflege-Besser GbR

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